„Was macht mich glücklich?“ Diese Frage haben sich wohl die meisten Menschen schon einmal gestellt. Um eine Antwort darauf zu finden, müssen wir jedoch erst einmal definieren, was wir eigentlich unter „glücklich sein“ verstehen.
Wenn wir von Glück sprechen, meinen wir oft Folgendes: sich gut fühlen, möglichst viele positive Emotionen erleben und möglichst wenige negative und die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben. Das entspricht der Definition eines hedonistischen Wohlbefindens. Wir können es erleben, indem wir uns etwas gönnen, z.B. ein gutes Essen genießen oder auf eine Party gehen. Da Freude und Vergnügen zu erleben aber noch nicht heißt, dass es einem Menschen auch psychisch gut geht, beschäftigt sich die Forschung zunehmend auch noch mit einem anderen Verständnis von Glücksempfinden, der Eudämonie.
Der Begriff „Eudämonia“ geht auf Aristoteles zurück und bedeutet so viel wie „gutes Leben“ oder „seine Potenziale verwirklichen“. Im Mittelpunkt des eudämonistischen Ansatzes steht es, das Leben auf eine erfüllende und tief befriedigende Weise zu leben, indem man seine eigenen Stärken verwirklicht. Eudämonistische Tätigkeiten sind zum Beispiel: sich engagieren, anderen helfen, seine eigenen Ziele trotz Hindernissen zu verfolgen oder sich für etwas einsetzen, das einem am Herzen liegt. Wichtig ist hierbei, Dinge nur um ihrer selbst willen zu tun und nicht, um Anerkennung von anderen zu bekommen. Wohlbefinden ist hier kein Endprodukt, sondern der Prozess der Erfüllung selbst. Dieser Ansatz ist auch mit einem gewissen Menschenbild verknüpft: der Mensch wird nicht als leer und von der Umwelt formbar angesehen, sondern ihm wird ein Inhalt zugeschrieben, den es zu enthüllen und zu fördern gilt.
Eudämonistisches Wohlbefinden wird auch als „psychisches“ Wohlbefinden bezeichnet und setzt sich nach Ryff (1989) aus Selbstakzeptanz, Persönlichkeitsentwicklung, Beziehungen zu anderen, Autonomie, Alltagsbewältigung und Lebenszielen zusammen.
Natürlich sind diese beiden Arten von Wohlbefinden nicht ganz voneinander zu trennen: Wenn eine Person eudämonistischen Wohlbefinden erlebt, wird sie auch hedonistische Freude erfahren. Erinnern Sie sich z.B. an einen Moment in dem es ihnen Freude bereitet hat, jemandem helfen zu können. Aber nicht jede hedonistische Freude ist auf eine eudämonistische Lebensart zurückzuführen.
- Wohlbefinden und Gesundheit:
Glücklich sein ist wichtig für unsere Gesundheit: Langzeitstudien an gesunden Personen zeigen, dass glückliche Teilnehmer eine höhere Lebenserwartung haben als unglückliche. Dieser Einfluss ist ähnlich stark wie der des Rauchens bzw. Nicht-Rauchens auf die Lebenserwartung (Veenhoven, 2007).
Zudem beeinflusst ein höheres eudämonistisches Wohlbefinden die Gesundheit positiv: Ein höheres eudämonistisches Wohlbefinden geht mit einer besseren endokrinen Regulation, einem geringeren kardiovaskulärem Risiko und einer besseren Immunfunktion einher.
- Hängt glücklich sein von der Persönlichkeit ab?
Warum sind manche Menschen glücklicher als andere? Dieser Frage gingen schon einige Forscher nach und fanden heraus, dass es sich bei hierbei um eine relativ persönlichkeitsabhängige Eigenschaft handelt. Das heißt, wir werden mit einem gewissen Grad an Glücklichkeit oder Wohlbefinden geboren: Nach negativen Erlebnissen pendelt sich unser Glücksempfinden also relativ schnell wieder auf diesem Ausgangsniveau ein. Das heißt aber auch, dass es für weniger heitere Personen schwer ist, ihr persönliches Glückserleben besonders stark zu erhöhen. Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Wohlbefinden zeigen sich sowohl bei hedonistischem Wohlbefinden als auch bei eudämonistischem Wohlbefinden. In beiden Fällen kann Extraversion als der „Glücksfaktor“ angesehen werden. Personen die also eher gesellig, gesprächig, aktiv und gerne in Gemeinschaft mit anderen sind, weisen auch ein höheres hedonistisches und eudämonistisches Wohlbefinden auf. Neurotische Personen, also solche, die sehr nervös, unsicher, angespannt und ängstlich sind, haben ein besonders niedriges Wohlbefinden. Zudem zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen dem Persönlichkeitsfaktor Verträglichkeit und dem eudämonistischen Wohlbefinden.
- Was bedeutet das für mich?
Tiefgehendes Glück kann also nicht nur durch Beschäftigungen erreicht werden, die primär dem Vergnügen dienen. Vielmehr tritt es oft als „Nebenprodukt“ einer sinnvollen Beschäftigung auf. Mit „sinnvoll“ sind hier Tätigkeiten gemeint, die Ihnen persönlich am Herzen liegen oder in denen Sie ihre Stärken verwirklichen können. Überlegen Sie sich also wo Ihre Potenziale liegen und was Ihnen im Leben zentral erscheint; hier könnte ein vertieftes Engagement zu einem tieferen Glücksempfinden führen.
Stephanie Theves
Quelle: Special Edition Journal of Happiness Studies 2008