Stolovy, T. Lev-Wiesel, R. Doron, A. & Gelkopf, M. (2009). The meaning in life for hospitalized patients with schizophrenia. Journal of Nervous and Mental Disease, 197, S. 133-135.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie sich jahrelange Krankenhausaufenthalte auf das Wohlbefinden von Menschen mit psychischen Störungen auswirken können?
Die israelischen Autoren haben dieses Thema genauer unter die Lupe genommen und mit 60 Patienten des „Lev Hasharon Medical Center“ in Israel eine Untersuchung gestartet. Alle Patienten litten laut ICD-10 unter „Schizophrenie“. Darunter versteht man eine Krankheit, die mit den untenstehenden Merkmalen einhergeht. Von einer krankhaften Diagnose darf erst gesprochen werden, wenn mindestens zwei der folgenden Merkmale zutreffen und diese über einen Zeitraum von einem Monat vorhanden sind:
- laute Gedanken, Gedankeneingebung von außen (z.B. Gott, Außerirdische)
- verschiedene Formen von Wahnvorstellungen (z.B. Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Wahn über Wetterkontrolle)
- tägliche Halluzinationen jeder Sinnesmodalität
- Gedankenabreißen oder Einschiebungen in den Gedankenfluss
- Symptome wie Erregung, Haltungsstereotypien oder wächserne Biegsamkeit, Mutismus und Stupor
- Symptome wie Sprachverarmung und verflachte oder unangepasste Affekte
In dieser Untersuchung nahmen 49 Männer und 11 Frauen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren teil. Mehr als die Hälfte der PatientInnen befand sich schon länger als ein Jahr in einem Krankenhaus. Die Autoren verwendeten in der Untersuchung eine Vielzahl von Verfahren zur Messung von Lebenssinn („Purpose in Life Questionnaire“ von Crumbaugh and Maholick, 1968), Lebensqualität („QLESQ-18″ von Ritsner et. al., 2005), Depressivität („BDI-FS“ von Beck et al., 1997) sowie Medikamenteneinnahme („DAI-10″ von Hogan et al., 1983).
Die Ergebnisse zeigen, dass die Lebensqualität positiv durch den Lebenssinn und negativ durch das Ausmaß von Depressivität beeinflusst wird.
In Bezug auf den Krankenhausaufenthalt fanden die Autoren heraus, dass der Lebenssinn umso stärker ausgeprägt ist, je länger der Krankenhausaufenthalt andauert! Bei der Frage nach dem Warum stoßen die Autoren unter anderem auf die Tatsache, dass PatientInnen mit Schizophrenie außerhalb der Krankenhauswände oft isoliert, einsam und verarmt leben. Längere Krankenhausaufenthalte bieten ihnen die Möglichkeit, engere Bindungen mit anderen Personen, wie z.B. Psychotherapeuten, aufrechtzuerhalten.
Was könnten nun diese Ergebnisse für den klinischen Alltag in Krankenhäusern bzw. Psychiatrien bedeuten? Für mich persönlich bedeutet es, dass man für die Nachhaltigkeit des Sinnerlebens zusätzlich die sozialen Kontakte außerhalb der Krankenhauswände stärken müsste. Weiters sollte man das gewonnene Wissen um den Einfluss des Lebenssinns noch besser in therapeutische Maßnahmen einbauen, um auch Patienten mit kurzen Krankenhausaufenthalten durch „Sinnerfahrungen“ zu stärken.