Haben Lebenssinn und Dankbarkeit einen Einfluss auf den Verlauf einer Depression?

Disabato, D. J., Kashdan, T. B., Short, J. L., & Jarden, A. (2017). What predicts positive life events that influence the course of depression? A longitudinal examination of gratitude and meaning in life. Cognitive Therapy and Research, 41(3), 444-458.

Depression ist einer der häufigsten Gründe, warum Menschen ihr alltägliches Leben nicht mehr meistern können. Bei ca. 20% der Betroffenen verbessern sich die Symptome ohne eine Behandlung. Wie ist das erklärbar?

Frühere Studien haben gezeigt, dass eine Verbesserung der Depressionssymptomatik bei Personen auftrat, welche mit weniger negativen Lebensereignissen konfrontiert waren, wenig hoffnungslos waren, sich nicht selbst die Schuld für ihr Befinden gaben, wenig neurotisch waren, nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis standen und einen höheren Selbstwert aufwiesen.

Der vorliegende Artikel befasste sich mit zwei weiteren Faktoren, von denen man sich einen positiven Einfluss auf den Verlauf einer Depression erwartete: Es ging um die Persönlichkeitseigenschaften Dankbarkeit und Lebenssinn. Die Autoren nahmen an, dass beide Merkmale auf längere Sicht positive Lebensereignissen generieren und diese sich dann positiv auf den Verlauf der Depression auswirken.

Um dies zu überprüfen wurden Daten von 797 Erwachsenen aus der US-amerikanischen Allgemeinbevölkerung untersucht. Erhoben wurden die Häufigkeit positiver Lebensereignisse der vorangegangenen drei Monate sowie Dankbarkeit, Lebenssinn und die Schwere der Depression zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Zudem wurde zu zwei weiteren Messzeitpunkten, einmal drei Monate und einmal sechs Monate nach der ersten Messung, die Schwere depressiver Symptome erhoben.

Aus der Studie ging hervor, dass sowohl Dankbarkeit als auch Lebenssinn auf längere Sicht zu positiven Lebensereignissen führen und dadurch der Verlauf der Depression positiv beeinflusst wird. Der Einfluss positiver Lebensereignisse auf den Verlauf der Depression war bei Personen mit stärkerer Symptomatik größer als bei Personen mit schwächer ausgeprägten Symptomen. Aus den Daten ging allerdings auch hervor, dass der Effekt der positiven Lebensereignisse nach sechs Monaten nicht mehr vorhanden war.

Es besteht die Möglichkeit, dass positive Lebensereignisse nur einen temporären Effekt auf die Depression haben. Ein länger anhaltender Einfluss könnte durch die für uns Menschen typischen Anpassungseffekte verhindert werden, die auch als hedonistische Tretmühle (s. Kasten) bekannt sind.

Umso wichtiger erscheint es, das eigene Leben so zu leben, dass wir es als lohnenswert und sinnvoll erleben. Eine damit einhergehende Dankbarkeit für all jenes, was bereits an Gutem und Schönem in unserem Leben geschieht, kann zusätzlich dazu beitragen, dass eine Depression nicht wieder aufbricht.

Mein Fazit: Besonders unter Berücksichtigung der hedonistischen Tretmühle (s. Kasten) erscheint es von großer Wichtigkeit sich mit Dingen zu beschäftigen, welche uns sinnvoll erscheinen und längerfristige und tiefgehende Erfahrungen ermöglichen. So kann mir der Kauf einer neuen Jeans vielleicht für kurze Zeit ein positives Gefühl geben, aber nachhaltig wird es höchstwahrscheinlich nicht sein. Längerfristig effektiv wäre es vermutlich sich z.B. mehr mit sich selbst oder seinen Mitmenschen auseinanderzusetzen, ein gutes Gespräch zu führen, eine Wanderung in der Natur zu machen oder andern Menschen zu helfen.

Zusammengefasst von Julia Mauroner

Was drückt die hedonistische Tretmühle aus? Die hedonistische Tretmühle beschreibt die Tendenz des Menschen, nach einem stark positiven Lebensereignis nach relativ kurzer Zeit wieder auf das Ausgangslevel von Glück zurückzukehren. (Dieser Effekt zeigt sich übrigens auch bei negativen Lebensereignissen!).

 

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.