Schnell, T. (2009). The Sources of Meaning and Meaning in Life Questionnaire (SoMe): Relations to demographics and well-being. The Journal of Positive Psychology, Vol.4 (6), 483-499
Was bedeuten Sinnerfüllung und Sinnkrisen für unser Wohlbefinden?
Dieser Frage geht die Studie „The Sources of Meaning and Meaning in Life Questionnaire (SoMe): Relations to demographics and well-being“ (Schnell, 2009) nach und zeigt dabei auch die Notwendigkeit einer getrennten Erfassung von Sinnerleben und Sinnkrise auf.
135 Personen beatworteten den Fragebogen zu Lebensbedeutungen und Lebenssinn (LeBe, Schnell & Becker, 2007), der neben 26 Lebensbedeutungen das Vorhandensein einer Sinnkrise und die Ausprägung von Sinnerleben erfasst. Zudem wurden positive Aspekte von Wohlbefinden – positive Gestimmtheit und generelle Lebenszufriedenheit – und negative Aspekte von Wohlbefinden wie Neurotizismus, Depression und Ängstlichkeit gemessen.
Der LeBe misst im Gegensatz zu bisherigen Fragebögen Lebenssinn zweidimensional. Das bedeutet, dass die beiden Erfahrungsdimensionen von Lebenssinn – Sinnkrise und Sinnerleben – einzeln erhoben werden. Daher ist es möglich die Zusammenhänge zwischen dem Auftreten einer Sinnkrise und dem persönlichen Wohlbefinden einerseits und dem Grad des Sinnerlebens und dem Wohlbefinden andererseits zu analysieren. Dies führt zu starken Abweichungen zu Ergebnissen bisheriger Studien, die Lebenssinn mit nur einer Skala als Kontinuum zwischen Sinnerleben und Sinnkrise erfassten und zum einen Zusammenhänge zwischen Sinn und Wohlbefinden und zum anderen zwischen mangelndem Sinnerleben und Ängstlichkeit, Neurotizismus oder Suizidgedanken postulierten.
Eine Korrelationsanalyse ergab, dass die Zusammenhänge zwischen Sinnerleben, Sinnkrise und positiven und negativen Aspekten von Wohlbefinden gering bis mittelhoch sind. Sinnerfahrungen sind daher nicht mit positivem oder negativem Wohlbefinden gleichzusetzen. Es zeigte sich jedoch, dass der Grad des Sinnerlebens ein geeignetes Maß ist, um positive Aspekte von Wohlbefinden vorherzusagen. Erfährt eine Person also ihr Leben als sehr sinnvoll, wird sehr wahrscheinlich auch ihre generelle Lebenszufriedenheit hoch und ihre Stimmung gut sein. Ähnliches gilt für das Erleben einer Sinnkrise: Leiden Personen unter einer Sinnkrise, treten sehr wahrscheinlich auch weitere negative Affekte wie Ängstlichkeit oder Depression auf, die Werte für Lebenszufriedenheit und gute Stimmung sind hingegen gering.
Interessanterweise stellte sich heraus, dass ein geringes Sinnerleben nicht mit negativen Aspekten von Wohlbefinden, wie Angst oder Depression einhergeht. Eine Begründung für dieses Ergebnis könnte sein, dass die Abwesenheit von Sinnerfüllung ganz im Gegensatz zur Sinnkrise keinen Leidenszustand darstellt. Wenn wir also keinen Sinn in unserem Leben wahrnehmen, heißt das nicht, dass wir unter einer Sinnkrise leiden, und es macht auch keine Aussage darüber wie ängstlich oder depressiv wir sind. Es gibt also Menschen, die keine Sinnerfüllung erleben, sich deswegen aber nicht schlecht fühlen.
Bei einem solchen Zustand geringer Sinnerfüllung, der aber nicht von einer Sinnkrise begleitet wird, spricht man von existenzieller Indifferenz (Schnell, 2010). Existenziell Indifferente Personen sind nicht besonders leidenschaftlich oder engagiert und zeigen wenig Interesse an Selbsterkenntnis, Spiritualität, Religiosität und Generativität. Dies beeinflusst aber nicht ihr Befinden und so sind sie nicht depressiver oder ängstlicher als Personen die ihr Leben als sinnvoll wahrnehmen. Ihr subjektives Wohlbefinden ist jedoch geringer ausgeprägt.